Es glich einem vollkommen neuen Gefühl, sie nicht länger bei mir zu halten. Die Umgebung schien sich beinahe respektvoll zurück gehalten zu haben, um unserem unerwarteten Ausbruch der in uns verborgenen Leidenschaft einen Moment der Ruhe zu gönnen, denn nun mit einem Male riss der Wind umso heftiger an dem Stoff meiner Kleider, die gierigen Fingern der Böen zerzausten mein kurzes Haar und trieben mich selbst langsam nach vorn, ihr hinterher auf den Rand der Klippe zu. Die See hingegen, welche eben noch so friedfertig rauschend zu einem monotonen Hintergrundgeräusch geworden war, schlug nun zornig brausend gegen die zerklüfteten Felswände, erbost durch das Erkennen, was ich, ein Wesen des Landes durch und durch, gerade im Begriff gewesen war mir zu wünschen.
Im Grunde waren es nicht mehr als Phantastereien, jemals nach einer Frau wie ihr greifen zu können. So real, so greifbar sie auch wirken mochte, zog sie ihre Kraft für das irdische Leben dennoch aus einer anderen Quelle der Energie, als Normalsterbliche es zu tun pflegten. Und obwohl wir uns in so vielen Facetten dieses Daseins zu gleichen schienen, meine Herkunft, ebenso wie meine Zukunft, beide lagen in einer tiefen, schwarzen Dunkelheit und nur wenige Dinge dieser Welt vermochten mir das Gefühl des Lebens und der Lebendigkeit wieder zu verleihen, wenn auch nur für kurze Zeit. Mein Glück war stets nur geliehen und bereits in jenen Sekunden drohte die Angst vor dem baldigen Verlust mich und meine Glieder zu lähmen.
Aber die See schien es besser zu wissen, sandte ihren Boten den Sturmwind um mich Meter für Meter in jene Richtung zu fegen, in die mich mein Begehren geleitet hätte - zu Tenaya. Wie in einem teuflischen Tanz schien sie mir stets ein Stück vorraus, für jeden Schritt den ich tat, ließ sie zwei der ihren folgen, offenbar hatte sie Lust zu spielen bekommen. Ein leichtes Lächeln erwiederte ihr neckisches Grinsen, mehr jedoch brachte ich angesichts der mir folgenden Furcht vor dem zornigen Ozean nicht zu stande und ein ganzes Stück noch entfernt von dem ewigen Abgrund blieb ich stehen. Mein Blick huschte wachsam umher, blieb stets einmal wieder fragend an ihr hängen und in mir wusste ich, bis hier her konnte ich gehen. Hier und nicht weiter, bereits einmal hatte mich dieser Ort beinahe mein Leben gekostet und ich musste mir stets in den Sinn zurück rufen, dieses Glück meiner Rettung kein weiteres Mal aufs ein unsicheres Blatt zu setzen ... oder war dies vielleicht eben das, was sie von mir wollte?